Drei Tage voller Bücherregale und Gotthold Ephraim Lessing

Die einst zu den größten Bibliotheken der Welt zählende Herzog August Bibliothek zu Wolfenbüttel bot auch in diesem Schuljahr 2017/2018 dreißig Schülerinnen und Schülern des elften Jahrgangs unter Begleitung von Frau Lox und Herrn Riehn die Möglichkeit, wesentliche Fähigkeiten der wissenschaftlichen Recherche zu erlernen. Phasen orientierender Arbeit unter einer Atmosphäre der besonderen Art wechselten innerhalb dreier Tage, vom elften bis zum dreizehnten Dezember, mit städtischen Erkundungstouren und gemeinsamer Erholung.

Dabei begann sogleich am ersten Tage unmittelbar nach Ankunft im Jugendgästehaus der Stadt der eigentliche Anlass dieser alljährlich stattfindenden Seminarfahrt. In den Hallen des ehemaligen Zeughauses gegenüber dem Hauptgebäude der Herzog August Bibliothek wurden die Teilnehmer bereits von engagierten Lehrkräften des Schlossgymnasiums und Angestellten der Bibliothek erwartet. Mit einer kurzen Einführung durch eine die Schülerinnen und Schüler während der folgenden Tage begleitenden Lehrkraft waren die ersten Mitschüler bereits überwältigt von dem sich hoch über ihnen erstreckenden kalkweißen Gewölbe des frühbarocken Baus.

Kurzweilig setzten sich die ersten Vormittagsstunden mit einer Einführung in die Arbeit in Bibliotheken fort, sodass nun auch die ersten Geheimnisse um „OPAC“- die Online-Kataloge der Bibliotheken- und Signaturen gelüftet schienen. Gemeinsam wie auch einzeln konnten darauf die Schülerinnen und Schüler mit der eigentlichen Recherche beginnen. Diejenige Arbeitsphase, für welche bis zum letzten Tage ausreichend Freiraum geschaffen wurde. Doch nicht bloß anhand von schriftlichen Zeugnissen war es den Teilnehmern möglich, tiefer in ihr spezialisiertes Thema der Facharbeit einzudringen. Eine Auflistung wissenschaftlicher Quellen und Suchmaschinen für das „World Wide Web“ lag bereits, ausgearbeitet von den Betreuern des Workshops, allen Teilnehmern vor.

Mit Begeisterung konnte nun ein jeder Schüler Quellen aller Art, ob schriftlicher oder digitaler Natur, individuell einsehen und diese für eine erste Ergebniserfassung nutzen. Möglichkeiten zur konzentrierten und angenehmen Arbeit sind schließlich in der „HAB“ ausreichend für die Seminarbesucher vorhanden. Nicht bloß ein Seminarraum, welcher mit Laptops sowohl für die weitere Arbeit im Internet als auch mit den vor Ort zu sichtenden Materialien ausgestattet ist, steht allen Teilnehmern zur Verfügung, auch der Lesesaal des Zeughauses dient jedem zur strukturierten Recherche. Dieser konzentrierten Arbeitsatmosphäre fügt sich nahtlos ein Ambiente der Behaglichkeit an, ist doch ein Pausen-Saal mitsamt Teeküche jederzeit für individuelle Pausen zugänglich. Und auch das hiesige Personal darf an dieser Stelle nicht vernachlässigt werden. Alle Zeit hilfsbereit, bleibt niemand in Ratlosigkeit in den Korridoren zurück.

Zwischen all dieser Lektüre- für jeden einzelnen gleichsam inspirierend- vergaßen die Organisatoren der Seminarfahrt jedoch nicht, den Schülerinnen und Schülern die geschichtsträchtigen Monumente Wolfenbüttels nahezu spielerisch zu vergegenwärtigen. Unausbleiblich blieb ein Besuch im „Lessinghaus“. Von 1770 bis zu seinem Tode im Jahre 1781 die Bibliothek zu Wolfenbüttel leitend, wohnte der Zeitgenosse Goethes und Schillers vom Dezember 1777 bis zu seinem Todesjahre 1781 im ehemaligen Dienerhaus des fürstlichen Oberkammerdieners. Nahezu jeder Teilnehmer der Seminarfahrt betrat die Türschwelle zum Entstehungsorte des dramatischen Gedichtes „Nathan der Weise“ mit Anteilnahme, schließlich ist das Drama verbindliches Thema der neuen Oberstufenschülerinnen und – schüler. Das Ende jener angenehmen Führung bildete gleich den Übergang zum darauffolgenden letzten Tage. Mit einer Betrachtung eines Modells der „Rotunde“, dem ehemaligen Bibliotheksgebäude, schloß sich der am nächsten Tag erfolgende Rundgang im heutigen Hauptgebäude der Herzog August Bibliothek direkt an den zweiten Tage an. Gemeinsam wurde den Schülerinnen und Schülern vor eigentlicher Öffnungszeit ein Einblick in die musealen Räume des von 1881 bis 1886 errichteten Gebäudes ermöglicht. Vorbei an bedächtig zur Schau gestellten Erstlingswerken und Prachtexemplaren aus allen Jahrhunderten, auch einer Ausgabe der Neuübersetzung des Neuen Testaments Martin Luthers aus dem Jahre 1522, führten gefüllte Flure schließlich zu einer Replik von einem der weltweit wertvollsten Bücher. Bestaunen durften die Schüler das Evangeliar Heinrichs des Löwen, unter einer Glasvitrine die illustrierte Darstellung des Neuen Testaments offenbarend.

Abschließender Höhepunkt der Seminarfahrt bildete eine szenische Besichtigung des Schlossmuseums. Über Jahrhunderte Sitz der Welfen zu Braunschweig-Lüneburg, beherbergt die heutige Kleinstadt mit seinem Stadtschloss ein wesentliches kulturelles Erbe des Landes Niedersachsen. Während ein Teil nun als Gymnasium genutzt wird, bleibt weiterhin ein Teil der Räumlichkeiten der Öffentlichkeit zugänglich. Unter der Anleitung des „Tanzmeisters zum Hofe Wolfenbüttels“ wurden die Schülerinnen und Schüler unter allgemeinem Lachen in die Etikette des höfischen Lebens eingeführt. Eine gemeinsame Erholung nach den letzten verbliebenen Stunden an Recherche des letzten Tages.

Heimkehrend von dieser kurzweiligen Seminarfahrt, nehmen Schülerinnen und Schüler wohl allesamt Ideen, Bereicherungen und manch einer bereits die erste Struktur seiner ersten fachwissenschaftlichen Ausarbeitung mit. Doch nicht minder verbinden wohl Schüler als auch Lehrer mit diesem Ausflug Momente der Annäherung und allgemeiner Freude. Freude an einer anderen Art der Arbeit in Verbundenheit mit Spaß.    

Ein Artikel von Florian Wichert, 11. Jahrgang