Maputo / Mosambik. 20.03.2024 von Uta Klagge

Fast hätte der Tropensturm FILIPO den Binnenflug zum neuesten Projekt des Eine-Welt Forum in die Mitte Mosambiks, nach Gorongosa verhindert, aber mit 37 Stunden Verspätung ist es uns, Uta Klagge, Sarah Busse-Warning und Ulrich König, dann doch noch möglich gewesen, die Hauptstadt Maputo Richtung Norden zu verlassen. Die Zeit in Maputo wurde genutzt, drei der insgesamt sechs Schulen im Großraum Maputos zu besuchen, die das Eine-Welt Forum Weyhe e.V., (unter damaliger Vorstandsleitung von Ulrich König), hier errichten ließ. Dieser war positiv erfreut, dass alle Schulen relativ gut erhalten sind, von 600 bis weit über 1000 Grundschülern besucht werden und sogar noch Räume an Sekundarschulen abgeben müssen, da es eine Umstellung im Bildungssystem gibt, nach dem die Basisausbildung der 1. bis 9.Klasse nun die vorherigen 6 Klassen einer Grundschule ersetzen soll. 50-60 Schüler teilen sich einen Klassenraum, sitzen beengt, meistens ohne Schulmaterial außer Stift und Papier in einer Schicht – bis zu drei Schichten gibt es davon täglich. Die Freude der Kinder und Jugendlichen, plötzlich Besuch von weit her unangemeldet auf dem Schulhof stehen zu haben, überwältigte uns enorm. 

Noch ergriffener und kaum in der Lage, unsere Emotionen zu kontrollieren, waren wir beim Empfang in Gorongosa. Die verantwortlichen Gemeindeschwestern hatten uns nachts in Chimoio am Flughafen in Empfang genommen und nach einem kurzen Schlaf ging es morgens früh mit einem Pick-Up über zum Teil sehr holprige, mit Schlaglöchern gespickte Straßen durch die tropische Hitze zwei Stunden zu der Sekundar-Schule „Missão Cristo Rei“ in Gorongosa, der wir im letzten Sommer mit der Deutschen Botschaft in Mosambik zusammen, zwei neue Klassenräume finanziert haben. Um 8.00 Uhr stand die gesamte Schulgemeinschaft, Lehrerschaft und die erste Schicht der ca. 1400 SchülerInnen bereit und bescherte uns einen an Emotion und Lebensfreude kaum zu überbietenden Empfang mit Tänzen, Gesängen, Geschenken, Dankesreden und viel, viel Begeisterung angesichts unseres doch noch möglichen Auftauchens. Auch hier hatte FILIPO, besagter Tropensturm, gewirkt.

Wir waren neben der Besichtigung „unserer“ Klassenräume begeistert, wie gut organisiert und hergerichtet der Mikrokosmos dieser Schule und des Internates wirkt. Neben der  Schule ist ein Internat für 103 Mädchen und 54 Jungen vorhanden, die sich vorwiegend selbst aus dem großen und verhältnismäßig gut bewirtschafteten Schulgarten versorgen, in dem alle mithelfen müssen. Mit viel Sorgfalt und Fürsorge strukturieren die  Gemeindeschwestern den Schulalltag und nutzen jede Ressource der sonst absolut ärmlichen Verhältnisse, damit die Kinder in zumindest gut gepflegter Umgebung ihren Tagesablauf gestalten. Köchelnde Töpfe mit Maisbrei, die tägliche Nahrung, standen in den äußerst simplen Küchen des geteilten Jungen- und  Mädchen-Internates. Die Schlafsäle sind dicht an dicht mit Doppelstockbetten gefüllt und trotzdem scheinen die Kinder glücklich, hier an Bildung gelangen zu können, was in ihren weit entfernten Dörfern nicht möglich wäre.

Noch am selben Abend des straffen Tagesprogramms ging es zurück nach Chimoio, wo am nächsten Morgen unser Flug zurück nach Maputo diesmal pünktlich startete, um dann von Maputo aus weiter mit dem Auto nach Ressano Garcia zu fahren.

Große Armut herrscht im ganzen Land, sowohl in der durchaus modern wirkenden Hauptstadt, als auch in den kleinen Dörfern, die wir passiert haben, aber Ressano Garcia, der Ort, in dem wir 2007 unser bisher größtes Projekt, die Sekundarschule, eröffnen konnten und in den Folgejahren noch das Internat und Lehrerhäuser dazu errichten ließen, erschien uns als absolute Misere! Kilometerlange Schlangen von mit Kohle beladenen Trucks aus Südafrika, die die Grenze nach Mosambik hier passieren und dann zum Teil Tage lang benötigen, um die Zollkontrolle zu absolvieren, bestimmen das Leben des Ortes. Sie sind Ursache für den enorm angestiegenen Drogenhandel und -Konsum, für Prostitution, für Schmuggel, für zahlreiche Personen, die illegal die Grenze zu Südafrika übertreten wollen und in der Zwischenzeit in den Gassen und auf den Märkten zwischen unendlich viel Müll auf den  Straßen kampieren. Es gibt demzufolge kaum Menschen, die wirklich freiwillig ihr Leben in Ressano Garcia aufbauen wollen, was für die Entwicklung des Ortes entscheidend wäre, obwohl sich durchaus schon Industrie, zwei Gaswerke und auf den Grenzverkehr bezogene Baufirmen angesiedelt haben. Der Gemeindepfarrer Eduardo Chali Cumba, Nachfolger unseres langjährigen spanischen Freundes, Padre Vicente, mit dem wir im Prinzip alle die Projekte gemeinsam durchgeführt haben, berichtet uns anschaulich von allen Schwierigkeiten vor Ort und beherbergt uns liebevoll. Mit ihm gemeinsam besichtigen wir dann die Schule und das unter seiner Obhut stehende Internat, welches wir vor zwei Jahren für Renovierungsarbeiten unterstützt haben.

Es war schon später Freitagnachmittag, als uns der Direktor der Sekundarschule, sichtlich in Eile, um zu seinem Wochenende nach Maputo aufzubrechen, empfing. Demzufolge schien dieses Treffen äußerst nüchtern und ernüchternd waren dann auch für uns die Einblicke in die eigentlich gut ausgestattete und erhaltene Schule, angesichts ungenutzter Labor- oder Computerräume. Fehlende Materialien und kaum ausgebildetes Lehrpersonal wurden uns als Erklärung benannt, an den noch von Padre Vicente initiierten PC-Räumen fehlt weiter der Internetzugang und sie wirkten kaum in Anspruch genommen. Am meisten entrüstete uns jedoch der deutlich vermüllte Schulhof und Sportplatz, eindeutig nicht nur dem späten Nachmittag geschuldet, worauf wir den Direktor ansprachen und mit Ausflüchten begnügt wurden. Bei dem späteren Besuch der Lehrerhäuser zeigte sich übrigens um sein eigenes Haus herum ein identisches Bild.

Schnelle Fotos noch vor dem Schulgebäude, dann reiste der Schulleiter in sein Wochenende nach Maputo ab, wie es auch der Großteil der an die 60 tätigen LehrerInnen verständlicherweise handhabt. Viele der Lehrerhäuser wurden durch unser letztes Projekt inzwischen renoviert – schade nur, dass die Eigeninitiative, die Umgebung sauber und schön zu erhalten, kaum da ist – ein Problem, welches Padre Eduardo auch darauf schiebt, dass die Verantwortlichkeiten für die Erhaltung der Lehrerhäuser in staatlicher Hand liegen und demzufolge einfach gar nicht wahrgenommen werden. Er selbst kümmert sich engagiert um das Internat und hier bot sich uns zumindest ein wesentlich besseres Bild. Ein blühender Garten ziert die Aufenthaltsbereiche zwischen den Zimmern und Jungen- und Mädchentrakten. Samstag Morgen empfangen uns die Internatskinder freudig mit Gesängen (zumindest die Mädchen) und die seit Internatsbeginn tätige Leiterin Dona Gilda, welche die Kinder liebevoll Mama nennen, hat dafür gesorgt, dass alle Zimmer, in denen max. 3 Kinder leben, picobello aufgeräumt waren. Wir konnten sehen, dass bei der Renovierung neue Fenster und elektrische Installationen eingesetzt wurden.  Bädersanierungen und Wandmalerarbeiten sind erfolgt. Allerdings sorgen die extremen tropischen Bedingungen, jetzt gerade FILIPO, dafür, dass enorm viel Feuchtigkeit von unten in die Wände steigt und der Regen leider durch die Nägel der Dachaufbauten dringt, weshalb erneut viele Wasserflecken an den Decken und Wänden vorhanden sind. Noch ist nicht klar, wie dieses Problem gelöst werden könnte, entscheidend ist aber, dass die Dachsanierung ein entscheidendes Kriterium dafür wäre, den Rest zu erhalten.

Später geht es aus dem tristen Ressano zu kleinen Kindergärten, die die katholische Gemeinde Eduardos mit täglichen kleinen Mahlzeiten versorgt und auch Erzieherinnen finanziert, wofür aber zusätzlich Hilfe von Vereinen aus Spanien und Deutschland nötig ist. Dieser Finanztopf ist aber gerade versiegt, weshalb auch wir nun gebeten wurden, nach unseren Möglichkeiten etwas beizusteuern. In Mubobo, einem nur an kleinen Strohhütten erkennbaren Dorf, kam die ganze Dorfgemeinschaft zusammen, Personen aller  Generationen, um uns zu empfangen, aber auch ihre Sorgen anzutragen. Deren Hauptsorge ist eine fehlende Primarschule, damit die Kinder des wachsenden Dorfes nicht täglich 10 km laufen müssen, um Grundschulbildung zu erhalten. 

Im Laufe des Tages besprechen wir dann mit Eduardo Chali Cumba, dass durch den Bau von 4-5 Klassenräumen (ähnlicher Art wie in Gorongosa) bereits solch ein Grundschulbau erreicht werden könnte.

Auch in Gorongosa hatten wir zuvor besprochen, dass noch einmal 2 neue Klassenräume die nur provisorisch vorhandenen Gebäudeteile (offene Wände bei sengender Hitze) ersetzen sollten. Die Baupläne dafür sind ja bereits vorhanden. Wieder zurück in Deutschland werden wir beginnen, einen neuen Run for help für September zu planen und für die erforderliche Gesamtsumme beider Projekte Fördergelder zu beantragen.

Auf unserem Instagram-Account @eineweltforumweyhe können weitere Eindrücke der Reise gewonnen werden.

Nach unserer Reise erschien dieser Artikel am 28./29.März 2024 in abgewandelter Form in der Regionalen Rundschau des Weserkurier. 

Dieser Reisebericht als pdf mit weiteren Fotos und dem Artikel im Weserkurier findet sich hier.